Die Feedback Retrospektive

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Bei unserer Arbeit mit Teams unterschiedlichsten Wissengrades stoßen wir häufig auf technisch und fachlich funktionierende Teams. Dennoch gerät oft das Zwischenmenschliche und die Weiterentwicklungen der Einzelnen ins Hintertreffen, da Feedback im Arbeitsalltag nur selten gegeben wird.
Feedback ist in der agilen Welt aus vielerlei Hinsicht essenziell. Etwa um in einer Storming Phase des Tuckmanmodells1 allen Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln, oder auch um die Fremdwahrnehmung zu erfahren, welche einem selbst meist verschlossen bleibt2.

Fabian Schiller und Dr. Jürgen (Mentos) Hoffmann entwickelten hierfür ein spezielles Feedbackmodell, das es selbst Teams mit introvertierteren Mitgliedern ermöglicht, sich gegenseitig konstruktives Feedback zu geben – die Feedback Retrospektive. Dabei setzen sie den „Feedback Canvas“ ein:

Feedback Canvas
Feedback Canvas herunterladen

 

In der Feedback Retrospektive geht es darum, in einer ruhigen Art und Weise jedem Teammitglied möglichst wertstiftendes Feedback zukommen zu lassen. Dafür empfiehlt es sich, mit guter Moderation einen ruhigen und vertrauensvollen Rahmen zu schaffen. Das Format selbst ist schnell erlernt und einfach umzusetzen.
Will man das Format in einem großen Teilnehmerkreis anwenden, kann es ratsam sein, sich eine feste Timebox vorzunehmen, um den gegebenen Rahmen nicht zu sprengen.

Ablauf der Feedback Retrospektive

  1. Es empfiehlt sich, dass Team auf konstruktives Feedback zu primen und zu versuchen, eine vertrauensvolle Umgebung zu schaffen. Hierzu bietet sich beispielsweise die Prime Directive und ein angenehmer Check In, um das Team auf das kommende einzustimmen
  2. Jedes Teammitglied bekommt ein halbes Flipchart und teilt es wie in dem Feedback Canvas auf, oder einen Ausdruck des Canvas mindestens in Größe A3.
  3. Der Name, das Datum, „Das kann das Team von mir erwarten“ und „Das erwarte ich vom Team“ wird von jedem Teammitglied für sich selber ausgefüllt.
  4. Dann geht es an die Felder „Das schätze ich an Deiner Arbeit“ und „Was ich Dir wünsche, dass es dir besser gelingt“. Dazu werden die Blätter reihum an die anderen Teammitglieder weitergereicht und jeder darf sich die Zeit nehmen, das Geschriebene zu lesen und Feedback zu ergänzen (Timeboxen von 10 Minuten in den ersten 1 bis 2 Runden und dann 5 Minuten haben sich als praktikabel erwiesen).
    Während dieser Phase kann man auch ruhig noch einmal darauf hinweisen, dass das Durchlesen der anderen Kommentare nicht nur gestattet, sondern auch erwünscht ist, um sich hier noch Inspiration für weitere Punkte zu sammeln.
  5. Wenn jedes Blatt zurück beim ürsprünglichen Besitzer ist, darf sich jeder sein Feedback durchlesen und dann seine wichtigsten Erkenntnisse reflektieren.
  6. Es ist allen Teammitgliedern freigestellt, dieses Ergebnis mit dem Team zu teilen.
  7. Lade das Team dazu ein, einen Reminder in 6 Wochen zu erstellen und das Feedback noch einmal Revue passieren zu lassen. Was hat sich verändert? Was ist besser geworden? An welchen Punkten muss weitergearbeitet werden?
  8. Optional kann man jetzt noch ein Check Out machen, um offene Fragen zu klären und das Feedback sacken zu lassen.

In der Regel freuen sich Teams über diese Form von Feedback und die dadurch ermöglichten Einsichten. Nicht selten passiert es, dass Teams sich dieses Format regelmäßig wünschen, um sich häufig weiter entwickeln zu können.

Dieses Modell zum Feedback geben bietet sich an, wenn sich viele Personen gleichzeitig in einem ähnlichen Kontext Feedback wünschen. Jedoch ist es kein Ersatz für ein direktes und dadurch emotionaleres Feedback. Es ist daher ratsam, ein solches Meeting als Startpunkt zu sehen und die Teilnehmer zu ermutigen, sich auch weiterhin im Alltag Feedback zu geben und nicht auf einen erneuten ähnlichen Termin zu hoffen.

Wenn man einen A3 oder gar einen A2 Drucker zur Verfügung hat, kann man den Teilnehmern einen Ausdruck des Templates zur Verfügung stellen. Hier geht es dafür zur Druckversion.

 

Positive Kräfte müssen nicht geschaffen, sondern entfesselt werden.

Veit Richter, Agile Coach Emendare

 

Referenzen:

(1) Tuckman Modell (https://www.thecoachingtoolscompany.com/get-your-team-performing-beautifully-with-this-powerful-group-development-model)

(2) Johari Fenster (https://de.wikipedia.org/wiki/Johari-Fenster)